Sara
Sara ist zwölf Jahre alt und Sara ist Frühaufsteherin.
Ihr Wecker klingelt um 5.30 Uhr. Dann wird zuerst einmal die Küche aufgeräumt, Flaschen weg, Aschenbecher leeren, Fenster auf und lüften. Dann richtet sie das Frühstück und die Pausenbrote. Anschließend weckt sie ihre Brüder Tommy und Oliver und hilft ihnen beim Anziehen. Sind alle fertig, bringt sie Tommy in den Kindergarten und Oliver in die Schule.
Sara ist zwölf Jahre alt und Sara ist einsam.
In der Pause, auf dem Schulhof, steht sie meistens abseits. Keiner will mit ihr zu tun haben – mit einer die fettige Haare hat und so komisch gekleidet ist. In Mathe hat sie nur die halben Hausaufgaben und das Geld für die Kopien nicht dabei – „Mal wieder nicht“ – wie der Lehrer betont und die anderen lachen. Die Mutter wolle er sprechen, denn so könne es nicht weitergehen mit ihr und Sara schweigt – wie immer.
Sara ist zwölf Jahre alt und Sara hat ein Geheimnis.
Nach der Schule trifft sie sich mit Oliver. Sie holen Tommy vom Kindergarten ab und gehen gemeinsam nach Hause. Vorsichtig geht sie die Stufen hinauf, versucht erste Zeichen zu deuten, die ihr sagen, was sie heute erwarten wird. Die Mutter öffnet lachend die Tür und nimmt die Kinder in den Arm. Sie riecht nach Rauch, nach Wein und trägt noch ihr Nachthemd.
Heute ist ein guter Tag.
Sara ist zwölf Jahre alt und schon lange kein Kind mehr.
Sie deckt den Mittagstisch und öffnet die Dosen mit den Ravioli. Sie erwärmt das Essen, ermahnt die Jungen sich die Hände zu waschen; achtet darauf, dass sie ordentlich essen.
Anschließend hilft sie Oliver bei den Hausaufgaben und spielt leise mit Tommy. Die Mutter hat sich hingelegt – sie braucht ihre Ruhe. Leise, leise – ja nicht stören, wer weiß was dann passiert.
Sara ist zwölf Jahre alt und Sara hat Wünsche
Saras Wunschliste:
- mit einer Freundin ins Kino gehen
- eine Röhrenjeans von H&M
- die Nachbarin Frau Weber nicht mehr anlügen müssen
- ein eigenes Kaninchen – nur für mich
- das Mama nicht mehr so viel schreit
- eine Zwei in Mathe
- jemanden haben, mit dem man Geheimnisse teilen kann
- morgens länger schlafen
- dem Lehrer endlich entgegenschleudern, was wirklich los ist
- einen selbstgebackenen Geburtstagskuchen bekommen
- mit Mama kuscheln, mit Mama spielen, mit Mama lachen
Sara ist zwölf Jahre alt und Sara hat einen Plan
Morgen ist ein neuer Tag und morgen wird alles anders.
Wenn sich Sara nur noch ein bisschen mehr anstrengt, sich so richtig Mühe gibt – dann wird es ihrer Mutter bald besser gehen und alles wird gut. Das ist sicher – das weiß sie genau. Hoffentlich schafft sie es…
Sara ist zwölf Jahre alt und ihre Mutter ist Alkoholikerin.
Das sagen andere
„Beim Feuervogel kann ich offen und ehrlich mit anderen Kindern reden, die das gleiche Problem haben, wie ich. Außerdem hören mir die Erwachsenen immer zu und ich kann lernen, besser mit meinen Problemen umzugehen.“ (Marvin, 11 Jahre)
„Ich bin gerne beim Feuervogel, weil man sich hier richtig wohl fühlen kann. Mir hilft es sehr, dass es hier keine Geheimnisse gibt. Das hilft mir. Außerdem erleben wir hier viel zusammen, machen Ausflüge oder kochen gemeinsam. Das ist einfach gesagt: schön.“ (Erik, 10 Jahre)
„Meine Eltern sind zwar Alkoholiker und ich leide sehr darunter. Aber hier verurteilt niemand Mama und Papa. Das finde ich super, denn ich habe die beiden trotzdem sehr lieb. Die Erwachsenen bei Feuervogel sind trotzdem immer ehrlich. Das tut manchmal weh und ich bin dann kurz sauer. Aber es tut auch gut, nicht angelogen zu werden. Ich würde gerne für immer hierherkommen.“ (Eva, 14 Jahre)
„Feuervogel hat mir gezeigt, wie stark ich sein kann, selbst wenn das Leben richtig hart ist. Oft hatten wir so viel Spaß miteinander, das hat dann immer richtig gutgetan. Auch die anderen Mädchen in der Gruppe sind mir ans Herz gewachsen. Sie haben das Gleiche durchgemacht wie ich und hatten immer gute Tipps für mich. Jetzt muss ich leider Abschied nehmen. Das ist schwer. Der Feuervogel wird mir sehr fehlen.“ (Michelle, 15 Jahre)
„Als das Jugendamt mir gesagt hat, ich soll meinen Sohn Micha zu Feuervogel bringen, hatte ich richtig Angst. Ich dachte, ich bekomme dort wieder zu hören, was ich für eine schlechte Mutter bin. Außerdem war ich mir sicher, dass Micha von meiner Sucht gar nichts mitbekommen hat, sodass das Angebot doch unnötig war. Ich hatte Sorge, dass ihn das Thema nur noch mehr belastet. Aber dann war ich bei Feuervogel und es hat einfach nur gutgetan. Mir wurde zugehört und niemand hat mir Vorwürfe gemacht. Ich fühlte mich ernst genommen und konnte als Mutter wieder etwas mehr Selbstbewusstsein bekommen. Auch Micha tut der Feuervogel total gut. Kann ich nur weiterempfehlen.“ (Michas Mutter, 43 Jahre)
„Als mir klar wurde, dass die Sucht meiner Frau nicht nur sie und mich zerstört, sondern auch unsere beiden Kinder massiv beeinträchtigt, habe ich mir Unterstützung gesucht. In der Schule hat man mir Feuervogel empfohlen. Meine Kinder fühlen sich dort wohl. Und auch ich habe in den Beratungen dort viel erkannt. Zum Beispiel meine Co-Abhängigkeit. Ich bin nicht sicher, ob ich alleine die Kraft gehabt hätte, mich daraus zu lösen. Ich liebe meine Frau immer noch und ich mache mir große Sorgen um sie, aber mein Fokus liegt jetzt auf den Kindern und mir. Alleinerziehend zu sein, ist kein Spaziergang. Gut, dass ich bei Feuervogel immer auf ein offenes Ohr stoße.“ (Vater von Daniel und Dina, 38 Jahre)
Fragen und Antworten
Meine Eltern sind suchtkrank, an wen kann ich mich wenden?
Bei uns bist Du richtig. Wir von Feuervogel freuen uns, wenn Du dich meldest.
Schicke uns einfach eine E-Mail an feuervogel@suchthilfe-aachen.de
Kontaktiere uns bei Facebook https://de-de.facebook.com/feuervogelac/oder rufe uns an unter 0241-41360840. Trau dich auch gerne auf den AB zu sprechen. Wir rufen dich zurück, so schnell es geht.
Werde ich auch als Elternteil bei Ihnen beraten?
Natürlich beraten wir auch Sie als Eltern – immer in der Annahme, dass auch süchtige Eltern gute Eltern sein wollen. Um Sie dabei zu unterstützen, geht es in der Beratung hier eher um das Zusammenleben innerhalb der Familie, die Beziehung zu Ihrem Kind und um Erziehungsfragen. Sollten Sie darüber hinaus den Wunsch verspüren, an Ihrer Suchterkrankung zu arbeiten, vermitteln wir Sie an die Kollegen der Beratungsstellen.
Ich habe ein betroffenes Kind in meiner Gruppe/Klasse. Wie kann ich die Eltern ansprechen? An wen kann ich mich wenden?
Leider gibt es für die Ansprache betroffener Kinder und/oder Eltern kein allgemeingültiges Rezept. Sucht hat immer eine Geschichte und deshalb empfehlen wir, offen und wertschätzend dem Betroffenen gegenüber mit dem Thema umzugehen. Wenn Sie unsicher sind, dann zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wir beraten Sie gerne.
Bieten Sie Schulungen für Multiplikatoren an?
Ja. Setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung. Entsprechend Ihrer Bedarfe und Fragen entwickeln wir eine maßgeschneiderte Fortbildung oder Vortrag. Bei Interesse laden wir Sie auch gerne zu unserem halbjährlich stattfindenden Austauschtreffen „Kinder suchtkranker Eltern“ ein.
Wie finanziert sich Feuervogel? Kann ich helfen?
Der Feuervogel finanziert sich zum einen über das Angebot „Hilfen zur Erziehung“ (§ 27 SGB VIII) der Jugendämter. Darüber hinaus sind wir aber maßgeblich auf Spenden angewiesen. Wenn Sie helfen wollen, könne Sie dies gerne hier tun: http://www.glueck-spenden.de/projekte/feuervogel