„Sucht hat immer eine Geschichte – wir erzählen vier davon“
veröffentlicht am 22.03.2021
Digitale Lesereise bekannter Autoren durch NRW
„Sucht hat immer eine Geschichte“ – so heißt eine Kampagne zur Suchtprävention in Nordrhein-Westfalen. Von solch einer Geschichte in Bezug auf Alkohol, Cannabis, Ecstasy und Heroin können am besten die erzählen, die sie erlebt haben: Hermann Wenning, Timm Kruse, Jörg Böckem und Amon Barth. Allen gemein ist, dass sie ihre Erfahrungen in einem Buch verarbeitet haben und im Rahmen der Suchtprävention daraus lesen. Auf Initiative der Landesfachstelle Suchtprävention NRW schicken die Fachkräfte in Aachen, Bochum, Dortmund, Essen, Hamm und Köln die bekannten Autoren nun auf eine digitale Lesereise. An vier Abenden, jeweils donnerstags von 19.30 bis 21 Uhr, erzählen sie ihre Suchtgeschichte und stehen den Gästen für Fragen zur Verfügung. Eingeladen sind Eltern und Angehörige, Fachleute und alle Interessierten. „Wer mag, meldet sich unter www.ginko-stiftung.de/landeskoordination/home/termine.aspx an. Anschließend erhält man einen Link für das Videotool Zoom und kann an einer oder mehreren Lesungen nach Wahl kostenlos teilnehmen“, erklärt Yvonne Michel von der Fachstelle für Suchtprävention der Suchthilfe Aachen das Procedere.
Vier Abende – vier Geschichten
Am Donnerstag, den 18. März um 19.30 Uhr startet Hermann Wenning die 90-minütige Lesereise mit seinem Buch „Lauf zurück ins Leben“. Er beschreibt den von ihm erlebten Kreislauf aus seiner jahrelangen Drogenkarriere, Beschaffungskriminalität und mehrfachen Haftstrafen. Im Gefängnis begann er zu Laufen und nahm an einem Volkslauf teil. Dieses Erlebnis war für ihn sein Start in ein neues, suchtfreies Leben.
Weiter geht die Reihe am Donnerstag, den 25. März um 19.30 Uhr mit Jörg Böckem und seinen Büchern „Lass mich die Nacht überleben“ sowie „High sein“. Der aus Erkelenz stammende Journalist und Autor beschäftigt sich seit vier Jahrzehnten mit dem Thema Rausch und Drogen – auch als Konsument. Denn Böckem war jahrelang selbst heroinabhängig, während er für u.a. für „Die Zeit“ und „Der Spiegel“ als Journalist arbeitete.
Donnerstag, der 1. April um 19.30 Uhr gehört Timm Kruse und seinem Buch „Weder geschüttelt noch gerührt. Mein Jahr ohne Alkohol.“ Es beginnt mit einem simplen Fragenbogen an Karneval, an dem er mit seinem Freund aus Spaß einen Alkohol-Selbsttest macht. Das Ergebnis „schädlicher Alkoholkonsum“ könnte ernüchternd sein, doch in Feierlaune lachen sie diese Erkenntnis einfach weg. Weitere Schlüsselerlebnisse folgen, die in ihm den Vorsatz reifen lassen, ein Jahr lang auf Alkohol und Rausch zu verzichten. Statt Abstürzen, Filmrissen und Kopfschmerzen steht nun Abstinenz an und alles, was ihm sonst gesund erscheint, auf der To-Do-Liste. Er meditiert, macht Sport, nimmt Trommelunterricht und findet die Liebe seines Lebens. Nach diesem Jahr mit tiefen Rückschlägen und manchen Höhepunkten steht für ihn fest: Er will nie wieder so leben wie früher.
Den Abschluss der Lesereihe macht Amon Barth am Donnerstag, den 8. April um 19.30 Uhr mit seiner Autobiographie “Breit. Mein Leben als Kiffer”. Darin erzählt er sein Leben als 20-jähriger Abiturient, der die vergangenen vier Jahre seines Lebens keinen Tag verbrachte, ohne zu kiffen. Die meiste Zeit versucht er, sich keine Sorgen um nichts zu machen. Außer darum, wo er das nächste Mal mit wem kiffen und wie er weiterhin die Zeit verstreichen lassen kann, ohne dass ihn die Schule oder seine Familie „nerven“. Barth beschreibt seinen allmählichen Absturz und den Verlust seiner Jugend – ohne die Sucht zu verteufeln oder zu verherrlichen.
Suchtprävention in Zeiten von Corona
„Die Corona-Pandemie hat unsere Präventionsangebote ganz schön durcheinandergewirbelt“, resümiert Yvonne Michel von der Fachstelle für Suchtprävention der Suchthilfe Aachen nach einem Jahr Corona. Viele Veranstaltungen wurden im ersten Lockdown verschoben, durch den zweiten zum Teil auch ganz abgesagt. „Es zeigt sich immer mehr, dass es neben den Präsenzmöglichkeiten auch digitale Lösungen in der Prävention geben muss“, ergänzt Yvonne Michel. Gerade in Zeiten der Pandemie sei das seelische Befinden und das eventuell daraus resultierende Konsumverhalten der Menschen nicht außer Acht zu lassen. Denn Studien zeigen, dass Stress, unterdrückte Gefühle, Unsicherheiten und Sorgen Nährboden für Süchte sein können. Die Online-Lesereihe ist ein Beitrag der Suchtprävention in NRW, um Menschen für das Thema zu sensibilisieren und das Hilfesystem bekannt zu machen.
Weitere Informationen:
Suchthilfe Aachen, Fachstelle für Suchtprävention, Yvonne Michel, Tel.: 0241/41356130, michel@suchthilfe-aachen.de., www.suchthilfe-aachen.de; www.suchtgeschichte.nrw.de