Stress, Überforderung, Burnout – Wenn Arbeit krank macht

veröffentlicht am 17.11.2020

Stress, Überforderung, Burnout… Diese Begriffe stehen oft in einem engen Zusammenhang, wenn es um die Frage geht, ob Arbeit krank macht oder machen kann. Hierzu macht der Jahresbericht 2019 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Zusammenhänge von steigender Arbeitsbelastung und Auswirkungen auf die Gesundheit deutlich:
Über die Hälfte aller Beschäftigten fühlen sich oft oder sehr oft in ihrer Arbeit gehetzt oder leiden unter Zeitdruck. Weitere 57% gaben an, dass sich die Arbeitsbelastung in den letzten 12 Monaten erhöht habe. 26% aller Beschäftigten erklären, ihre Arbeit oft oder sehr oft nicht in der dafür vorgesehen Zeit schaffen zu können. Das hat Auswirkungen: Beispielsweise geben diejenigen, die Probleme haben, ihre Arbeit in der vorgesehen Zeit zu schaffen, weit häufiger an, sich leer bzw. ausgebrannt zu fühlen oder nicht abschalten zu können. Der subjektiv erlebte Gesundheitszustand dieser Gruppe wird als deutlich schlechter angegeben. Vertreter dieser Gruppe bleiben deutlich seltener bei Krankheitsgefühlen zu Hause als diejenigen, die angeben ihr Arbeitspensum immer oder oft schaffen zu können.

Ein wesentlicher Faktor bei der Frage wie Arbeit die Gesundheit beeinflusst, sind individuell erlebte psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Solche Belastungen können zum Beispielsein:

  • häufige Kontrollen durch den Vorgesetzten (Überwachungsdruck),
  • häufige unkontrollierbare Tätigkeitsunterbrechungen oder
  • unklar formulierte Arbeitsaufträge, die regelmäßig zu Mehrarbeit führen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass besonders diejenigen von psychischem Stress bedroht sind, die viel oder in erster Linie mit anderen Menschen zusammenarbeiten (Erzieher, Lehrer etc.) oder deren Tätigkeiten besonders komplex und vielschichtig sind. Warnzeichen für zu hohe psychische Belastungen können Schlafprobleme oder Unzufriedenheit mit den eigenen Leistungen sein.

Wenn Arbeit zum Burnout führt

Burnout (freie Übersetzung: ausgebrannt sein) ist die Bezeichnung für ein sich ausbreitendes Krankheitsbild in unserer Arbeitsgesellschaft. Hinter diesem Begriff verbirgt sich bisher eine noch nicht klar definierte Krankheit, dessen Kern jedoch über einen längeren Zeitraum anhaltender, chronifizierter Stress bildet. Burnout ist eine multifaktorielle Erkrankung, deren Ursachen meist sowohl in der Umwelt wie auch in der Persönlichkeit liegen. So kann nicht nur berufliche Überforderung, sondern auch privater Stress, chronischen Erkrankungen oder Lebensunzufriedenheit einen Burnout auslösen. Die Grenzen zu einer Depressionserkrankung sind fließend.
Allgemein kann von Burnout gesprochen werden, wenn Stress auch durch Urlaub oder Erholung nicht mehr vollständig abgebaut werden kann. Betroffene befinden sich in einem Stress-Teufelskreis, der immer wieder neuen Stress zu dem bereits bestehenden hinzufügt. Die große Schwierigkeit dieser Erkrankung liegt darin, dass eine Diagnose meist sehr schwierig ist. Zum einen liegt dies daran, dass es bisher noch kein eindeutig definiertes Krankheitsbild gibt und zum anderen, dass sich viele Symptome von Burnout mit denen anderer Erkrankungen ähneln. Eine Nicht- oder Falschbehandlung kann jedoch weitreichende gesundheitliche Folgen für Betroffene haben, wie beispielsweise Herzinfarkte, Schlaganfälle, Tinnitus, Magengeschwüre, Gallensteine oder Depressionen.

Petra Klopp (34 Jahre alt, Name geändert) ist eine Burnout-Betroffene, die sich bereit erklärt hat uns ein Interview zu diesem Thema zu geben. Hören Sie hier in das Interview rein:

Wenn Arbeit psychisch und physisch krank macht

Stress, als Grundlage psychischer Erkrankungen, hat dabei auch abseits von Burnout einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Dies lässt sich u.a. an dem großen Anteil psychischer Erkrankungen an den Gesamtfehlzeiten, festgehalten im DAK Fehlzeitenreport 2019/20, ablesen:
Die Ausfalltage aufgrund einer psychischen Erkrankung machen dort den drittgrößten Faktor an den Gesamtfehltagen aus. Psychische Erkrankungen haben eine weit höhere Wachstumsrate, als alle anderen Erkrankungsformen. Im Zeitraum von 1997 bis 2019 steigerte sich die Zahl von Ausfalltagen je 100 Versicherter um ca. 239% (Tendenz steigend). Alle anderen Erkrankungsgruppen stiegen im selben Zeitraum um lediglich 28% (Tendenz stagnierend). Betrachtet man hier die Einzeldiagnosen psychischer Erkrankungen – wie z.B. Depressionen oder Anpassungsstörungen – wird deutlich welches Ausmaß die Folgen psychischer Krankheiten haben. Depressionen führten 2019 beispielsweise mit 105 Fehltagen bei 100 Beschäftigten zu den meisten Arbeitsausfällen.  Auch körperliche Symptome, wie beispielsweise wiederkehrende Magen-Darm-Beschwerden oder anhaltende Kopfschmerzen, können Warnzeichen für zu viel Stress und psychische Belastungen am Arbeitsplatz sein. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer an Ausfalltagen wegen psychischer Krankheitsbilder noch wesentlich höher ist, da Symptome nicht immer offensichtlich einer psychischen Erkrankung zuzuordnen sind.

Psychische Erkrankungen und Alkoholabhängigkeit am Arbeitsplatz

Wiitchen &Jacobe (2012) gehen davon aus, dass in einem 10-Kopf-Team mindestens ein-zwei Mitarbeiter von einer psychischen Erkrankung betroffen oder in einer schwierigen Situation mit Krankheitswert sind. Zu den häufigsten Erkrankungen zählen sie Angststörungen, gefolgt von Alkoholabhängigkeit und Depressionen. Schätzungen zu Folge trinken 40% der Menschen gezielt Alkohol, um mit Belastungen umzugehen. So kommen wir in Deutschland laut Aussagen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) auf 10 Mio. Menschen, die Alkohol gesundheitlich riskant trinken. 1,7 – 2,5 Mio. Menschen in Deutschland gelten als alkoholabhängig. Experten gehen von 5% (10% bei Führungskräften) Alkoholkranken und weiteren 10% unmittelbar Suchtgefährdeten pro Unternehmen aus.

Ausgleich wichtig

Ein wesentlicher Faktor, um sich vor zu viel Stress durch oder auf der Arbeit zu schützen, ist der innere Ausgleich bzw. eine gesunde Work-Life-Balance. Hierzu empfiehlt es sich, sich selbst Ziele zu setzen und Aktivitäten nachzugehen, die klar von der eigenen Arbeit abgegrenzt sind. Wichtig dabei ist es, das eigene Privatleben aber nicht mit Freizeitstress zu überziehen, sondern auch die gegebenenfalls herausfordernden Aktivitäten als angenehm und entspannend zu erleben. Auf diese Weise kann eine ausgewogene Work-Life-Balance dazu beitragen subjektiv empfundenen Stress auf der Arbeit zu minimieren und so chronischen Stresserkrankungen vorzubeugen.

Quellen:
DAK-Fehlzeitenreport 2019/20
https://www.tagesspiegel.de/politik/zu-viel-stress-im-beruf-wenn-die-arbeit-krank-macht/25305504.html, abgerufen am 04.11.2020
DGB Jahresbericht 2019
DAK Psychoreport 2020
https://www.dak.de/dak/download/folien-2335938.pdf , abgerufen am 04.11.2020

Verfasser dieses Textes: Jannik Weidemann, Sozialarbeiter in der Ausbildung, Praktikant der Suchthilfe Aachen

 

Photo by Carl Heyerdahl on Unsplash
Yvonne Michel

Ansprechpartnerin

Yvonne Michel

Einrichtungsleitung, Fachkraft für betriebliche Suchtprävention

Telefon: 0241-41356130

E-Mail: y.michel@caritas-aachen.de