Lesungen mit Jörg Böckem

veröffentlicht am 07.06.2017

Getreu dem Motto „Das Beste kommt zum Schluss!“ beendet die Suchthilfe Aachen ihre Beteiligung an der deutschlandeweiten Aktionswoche Alkohol „Weniger ist besser“ mit zwei Lesungen. Zu Gast war Jörg Böckem, Journalist und Autor – morgens am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung und abends offen in der Bar Cantona. Beide Lesungen waren mit rund 130 Schülern und weiteren 100 Gästen ausgebucht. Lesen Sie hier die Presseinformation der Schule.

Der in Erkelenz geborene Jörg Böckem, Journalist und Autor, las am Dienstag, den 30. Mai vor 120 Schülern des Berufskollegs für Wirtschaft und Verwaltung aus seinen Büchern „Lass mich die Nacht überleben“ sowie „High sein“. Möglich gemacht hat dies die Suchthilfe Aachen sowie die AOK Rheinland/Hamburg – Regionaldirektion Städteregion Aachen – Kreis Düren.

Die in den beiden Büchern beschriebenen Hintergründe und Informationen über Drogenkonsum und Rauscherlebnisse beruhen dabei auf eigenen Erfahrungen. „Herr Böckem schreibt sehr glaubwürdig. Denn er hat selbst viel mitgemacht. Er hat die positiven Seiten und den Reiz von Drogen erlebt, aber auch gesehen, wie sie alles kaputt machen und gefährden können – die Beziehung zu geliebten Menschen, die Schule und Arbeit, die Gesundheit“, erklärt Katja Blöcker-Peters, Lehrerin an der Schule. „Seine Erfahrungen als Betroffener möchten wir im Rahmen der Suchtprävention an unserer Schule nutzen“, ergänzt Birgit Gunkel, Schulsozialarbeiterin am Berufskolleg. Schon im Vorfeld haben sich einige Klassen mit dem Buch „Lass mich die Nacht überleben“ beschäftigt und waren ganz gespannt, Jörg Böckem dazu persönlich zu befragen. Dazu fand im Anschluss an die Lesung eine Fragerunde, moderiert von Schülern, statt. „Jörg Böckem bleibt auch hier authentisch, nimmt kein Blatt vor den Mund, weiß viel, verharmlost den Konsum von Drogen nicht, aber verteufelt ihn und die Konsumenten auch nicht“, erläutert Yvonne Michel, Fachkraft für Suchtprävention der Suchthilfe Aachen. Er weiß, es gibt viele Wege in die Sucht und mindestens genauso viele wieder heraus. Er verschreibt keinem einen bestimmten Umgang mit Alkohol und Drogen. Das kommt gut bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 21 Jahren an.

Ein Doppelleben zwischen Journalist und Junkie

Jörg Böckem hat mit vierzehn Jahren seinen ersten Cannabis-Rausch erlebt und wurde neugierig. Mit der Nähe zur niederländischen Grenze war es ein leichtes, auch an andere illegale Drogen, wie LSD, Kokain und Heroin zu kommen. Mit 19 Jahren bringt ihn seine Heroinsucht zum ersten Mal ins Gefängnis und kostet ihn fast sein Abitur. Böckem verlässt Erkelenz, zieht nach Hamburg und kriegt vermeintlich die Kurve. Er wird Journalist und schreibt seit den Neunzigern für die renommiertesten deutschen Zeitungen und Magazine. Was kaum einer weiß: Er konsumiert weiterhin Heroin, ist bei wichtigen Interviews im Rausch oder auf Entzug. Mit 33 Jahren versucht er im Drogenexzess seine Freundin zu erwürgen, und weiß „So kann es nicht weitergehen!“. Der Autor erzählte von seinem Doppelleben als Journalist und Junkie, von Verzückung und Verzweiflung, Haft und Hepatitis, Partys und Porno-Dreh, Karriere und Koma, Abstinenz und Absturz. Wie viele andere Drogensüchtige, die im Beruf Erfolg haben und weiter funktionieren, hat er ein Doppelleben geführt. Ein Leben mit der Sucht – zerfressen von Versagungsängsten, Scham, Selbsthass und der ständigen Gier nach Drogen.

Böckem hat mehrere Entzüge, Suchttherapien und eine Interferon-Behandlung aufgrund einer Hepatitis-C-Erkrankung hinter sich. Aber er hat es geschafft: Heute ist er seit über zehn Jahren clean und gesund, lebt in einer glücklichen Beziehung und ist Vater von zwei Kindern.