Jahrbuch Sucht 2017: Medikamentenabhängigkeit ein unterschätztes Problem
veröffentlicht am 20.04.2017
Der Jahresbericht Sucht 2017 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen ist erschienen. Darin wird deutlich, welchen hohen Stellwert Medikamentenabhängigkeit in Deutschland hat, auch wenn davon im Hilfesystem wenig zu spüren ist. Mindestens 1,2 Millionen bis 1,5 Millionen Menschen gelten als abhängig nach Medikamenten. Die Zahl derjenigen, die Arzneimittel missbräuchlich nutzen – zum Abnehmen, Wachbleiben oder zur Steigerung der Leistungsfähigkeit – ist wahrscheinlich genauso groß. Arzneimittelabhängigkeit in Deutschland steht damit auf Platz zwei aller Abhängigkeiten: nach Tabak, aber vor Alkohol!
Besonders betroffen sind zu zwei Dritteln Frauen, vor allem die ab 65 Jahren. Die Dunkelziffer ist vielleicht sogar noch größer, denn Medikamentenabhängigkeit ist eine so genannte „leise“ Sucht. Es gibt nur wenig Problembewusstsein, denn das Rezept wird doch vom Arzt verschrieben, um durchzuschlafen, Mehrfachbelastungen zu meistern oder weniger Ängste zu haben. Und der muss es doch wissen?! Aber Schlaftabletten und Beruhigungsmittel (aber auch andere Medikamente) machen extrem schnell abhängig.
Dem Thema hat sich auch Frau TV gewidmet und dazu gleich zwei Beiträge in der Sendung vom 20.04.2017 gebracht. Diese können Sie hier einsehen.
Im Vergleich: 3,38 Mio. Erwachsene sind in Deutschland von einer alkoholbezogenen Störung in den letzten zwölf Monaten betroffen (Missbrauch: 1,61 Mio.; Abhängigkeit: 1,77 Mio.). 74.000 Todesfälle werden jährlich durch Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht.