Flüchtlinge und Substanzmittelkonsum

veröffentlicht am 18.09.2016

Der Opiatkonsum in Deutschland ist in den letzten Jahren rückläufig. Aber das könnte sich durch den Flüchtlingsstrom ändern, denn in vielen Herkunftsländern wie Syrien und Afghanistan spielt Heroin/Opium eine nicht geringe Rolle.

In einem Bericht von „Kontur online – Fachportal zu Sucht und sozialen fragen“ haben wir dazu einen interessanten Artikel gefunden. Hier heißt es:
„Flüchtlinge aus Vorder- und Mittelasien, die seit 2014 nach Deutschland kommen, stammen vielfach aus Herkunftsländern, in denen der Opioidgebrauch endemisch (= örtlich begrenzt gehäuft auftretend, Anm. d. Red.), kulturell akzeptiert oder toleriert ist. Wir sehen Flüchtlinge aus Afghanistan, die bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter mit Opium in Berührung kamen, da es gegen Durchfall und Husten in weiten Teilen des Landes sonst keine wirksamen Medikamente gibt. In Iran wird traditionell bei Schmerzen oder als Einschlafhilfe Opium konsumiert oder aus hedonistischen Gründen. Afghanistan und Iran zählen weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum von Opium und Heroin. Die spärlichen Quellen aus Irak und Berichte irakischer Patienten hierzulande weisen auf eine steigende Anzahl von Opioidkonsumenten (Opium/Theriak) hin. Syrien weist wie andere arabische und nordafrikanische Länder eine zunehmende Prävalenz für das synthetische Opioid und Schmerzmittel Tramadol auf. Auch Stimulanziengebrauch wird in diesen Regionen beobachtet. (…)“

Hinzu kommen die vielen traumatischen Erlebnisse, Entwurzelung und erschwerte Integration die den Opiatkonsum begünstigen können. Heroin/Opium und andere Substanzen dienen dann z.B. dem „Vergessen können“.

Zur aktuellen Lage
In dem vorliegenden Artikel heißt es weiter, dass niedrigschwellige Kontaktstellen, Beratungsstellen und Kliniken in den Großstädten und Ballungsgebieten Deutschlands schon jetzt eine Zunahme von Anfragen durch Flüchtlinge und Multiplikatoren erfahren – hauptsächlich zu folgenden Themen:

  • Heroinabhängigkeit von Menschen aus Afghanistan, Iran und Irak
  • Problematischer Gebrauch von Alkohol unter Flüchtlingen, die aus kulturellen und/oder religiösen Gründen den Umgang mit dieser Substanz nicht gelernt haben und mit dem leichten Zugang zum Alkohol nicht umgehen können
  • Problematischer Gebrauch von Schmerzmitteln und Stimulanzien bei Flüchtlingen aus arabischen Ländern
  • Überwiegend inhalativer Konsum von Opioiden und (Meth-)Amphetamin von jungen Geflüchteten aus Syrien, die teilweise erst in Europa mit dem Konsum begonnen haben
  • Konsum von Amphetaminen und anderen Stimulanzien unter Flüchtlingen, die diese Substanzen als aufputschende Kriegsdrogen in regulären oder irregulären militärischen Verbänden kennengelernt haben
  • Problematischer Gebrauch von Cannabis unter jugendlichen Einwanderern aus dem Maghreb
  • Spielsucht bei Einwanderern der ersten und zweiten Generation mit islamischem Hintergrund

Herausforderung für das Hilfesystem
Für die Suchtprävention und Suchthilfe bringt dies ganz neue Herausforderungen mit sich. Zum einen gibt es die sprachliche Barriere: Ohne Dolmetscher sind Anamnese, Motivvationsphase, Therapie etc. kaum möglich.
Zum anderen fehlt in diesen Kulturen häufig das Verständnis, dass Sucht eine Krankheit ist. Sucht wird eher als moralische Verfehlung oder unglücklicher Schicksalsschlag bewertet. Erste Symptome werden daher häufig nicht erkannt oder falsch gedeutet.
Und selbst wenn ein Problembewusstsein vorhanden ist, kennen Betroffene häufig das Hilfesystem nicht. Dieses wird auch gar nicht als solches akzeptiert, da der Schweigepflicht und dem Zeugnisverweigerungsrecht nicht getraut wird. Viele Hilfsangebote stehen den Betroffenen gar nicht erst zur Verfügung, da die Kostenübernahme nicht geklärt ist.

Quelle: https://www.konturen.de/fachbeitraege/fluechtlinge-und-opioid-abhaengigkeit/

Foto: Alex Plesovskich/ Unsplash