Droge Smartphone?
veröffentlicht am 02.12.2015
Die Landesmedienanstalt NRW hat eine repräsentative Studie zur Nutzung von Smartphones bei Kindern und Jugendlichen vorgelegt. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der Ergebnisse:
- Insbesondere Jugendliche können ein Leben ohne das Handy kaum noch vorstellen. Bei den 8- bis 14- Jährigen besitzt bereits jeder Dritte ein Smartphone und steht über das Internet im dauerhaften Kontakt mit Freunden, nutzt es zum Spielen und Musikhören. In der Teilgruppe der 13- und 14-Jährigen beträgt der Anteil bereits 86 Prozent.
- Acht Prozent der Kinder stuft die Studie als suchtgefährdet ein, 21 Prozent nutzen das Handy exzessiv.
- Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass inzwischen eher das Smartphone die Kinder kontrolliert und nicht umgekehrt.
- Jeder Zweite räumte ein, dass er der Anziehungskraft des Handys nicht widerstehen kann, etwa bei Hausaufgaben.
- Jeder Vierte empfindet Stress durch Dauerpräsenz und ständigen Kommunikationsdruck durch Messengerdienste, insbesondere Whatsapp.
- Jeder Fünfte klagt über schulische Probleme wegen zu intensiver Handy-Nutzung.
- Jeder Siebte (15 Prozent) bemängelt, dass er zu selten Freunde trifft.
- Etwa jeder Zehnte hat Erfahrungen mit sozialer Ausgrenzung gemacht.
Das sind Mindestzahlen, die Dunkelziffer kommt noch oben drauf. Die Forscher befürchten, dass Kinder beschönigende Antworten gegeben haben.
Angst, den Anschluss zu verlieren
Die Magie des Smartphones liegt u.a. daran, dass in Sofortzeit das menschliche Bedürfnis nach sozialer Bestätigung und Zugehörigkeit erfüllt werden kann. Im Umkehrschluss bedeutet das für Jugendliche: Wer nicht bei Whatsapp dabei ist und mitchattet, verliert den Anschluss und gehört nicht mehr dazu . Diese Form des Gruppendrucks nennen Experten „FoMO“ – „Fear of Missing Out“. Die Angst, ausgestoßen zu werden, ist in den Augen der Wissenschaftler der wichtigste Motor für Jugendliche, ihre Zeit ins Handy zu investieren.
Stress durch Dauerkommunikation
Für viele bedeutet die dauerhafte Kommunikation purer Stress. Gerade bei Whatsapp-Gruppen geht der Druck einher, sofort und auf alles reagieren zu müssen. Dieser Erwartungsdruck liegt aber nicht nur beim Empfänger, sondern auch beim Sender, der durch die zwei blauen Haken erkennt, dass die Nachricht sowohl angekommen als auch gelesen wurde.
Psychologen wie die Sucht-Expertin Tagrid Leménager vom Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit beobachten das mit Sorge. „Die ständigen Unterbrechungen, das Multitasking, die allgegenwärtigen Gespräche, all das erzeugt permanenten Stress“, warnt sie. Insbesondere bei Jugendlichen gefährde exzessive Nutzung die Entwicklung des Gehirns. Die Folge: Auf Dauer droht die Fähigkeit verloren zu gehen, sich dauerhaft zu konzentrieren. Das Handy wirkt dabei wie eine Droge, erläutert die Psychologin die Gier nach Antworten: „Es schafft schnell und viel Belohnung.“
Verunsicherung bei Eltern
Eltern stellt das vor ganz neue Herausforderungen, denn bei der „Handy-Erziehung“ gibt es keinerlei Erfahrungswerte. Die häufige Folge: Verunsicherung, Gefühle von Machtlosigkeit und Kontrollverlust bei den Eltern einerseits und Streit und Auseinandersetzung zwischen Kind und Eltern andererseits.
Fazit: Wir haben eine dynamische neue Technologie mit vielen Vorteilen aber auch mit großen Auswirkungen auf den Alltag, mit denen wir noch nicht, uns dazu zu verhalten.