Peerkonzepte zur Suchtprävention: Unterricht auf Augenhöhe

veröffentlicht am 08.09.2017

GruppenfindungRegelmäßig bildet die Fachstelle für Suchtprävention der Suchthilfe Aachen Schüler von Gymnasien oder Berufkollegs zu sogenannten ‚Peers‘ aus. Diese klären im Anschluss ihre Mitschüler zu Themen der Suchtprävention auf. Der englische Begriff ‚Peers‘ steht dabei für ‚Gleichaltrige‘ oder ‚Gleichgesinnte‘. „Die Erfahrung zeigt, dass es jüngeren Schülern leichter fällt, mit anderen Teenagern über Sucht und Drogen zu sprechen als mit Lehrern oder uns Erwachsenen aus der Beratungsstelle. Ihre Botschaften werden eher angenommen und umgesetzt“, erklärt Yvonne Michel, Fachkraft für Suchtprävention, die Konzeptidee. Ein langjähriger Partner ist die Viktoriaschule Aachen. Jedes Jahr werden hier ca. 25 neue Schüler aus der Jahrgangsstufe 10 von ihren Beratungslehrern ausgewählt und angefragt, ob sie als Peers eingesetzt werden möchten.

Informationen durch Gleichaltrige wirken
Ihre Aufgabe ist es, in einer Projektwoche kurz vor den Sommerferien mit ihren Mitschülern der Jahrgangsstufen sechs bis neun zu verschiedenen Themen zu arbeiten. „Um die Peers nicht zu überfordern, teilen wir die Klassen. Jede Klassenhälfte wird dann von einem Peer-Tandem besucht“, erklärt Heiko Kleinfeld, Beratungslehrer an der Schule, den Ablauf. Sein Kollege Andreas Kramer ergänzt: „Hier gestalten sie einzelne Stunden mit Spielen, Übungen, Gesprächsrunden oder Kurzvorträgen zu Computer und Internet, Rauchen, Essstörungen, Cannabis oder Alkohol.“

Gute Vorbereitung unerlässlich
Um für diese verantwortungsvolle Aufgabe gut gewappnet zu sein, investiert die Schule vier Ausbildungstage, die von der Fachstelle für Suchtprävention gestaltet werden. „Hier geht es sowohl um die Reflexion des eigenen Konsumverhaltens als auch um Hintergrundwissen zu verschiedenen Drogen und Verhaltenssüchten, die Definition von Sucht oder rechtliche Aspekte. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Vermittlung von Methoden, damit die Gleichaltrigen ihr neu erworbenes Wissen auch interessant und abwechslungsreich im Unterricht vermitteln können“, erläutert Yvonne Michel den Inhalt der Schulung. Mit Hilfe eines ‚Suchtverlaufs‘ wird beispielsweise der Weg in eine Abhängigkeit gezeigt. Ein ‚Bilderrätsel‘ vermittelt spielerisch Informationen zur Wirkungsweise sowie zu den möglichen gesundheitlichen Risiken und rechtlichen Folgen von Cannabis. Mit der großen ‚Schadstoffzigarette‘ werden Inhaltsstoffe im Tabak und Tabakqualm erläutert. Ein ‚Rauschbrillenparcours‘ macht die negativen Erscheinungen eines Rauschs erleb- und besprechbar.
Die Aufgabe der Beratungslehrer ist es vor allem die Organisation in der Schule: Unterrichtseinheiten und Räume müssen reserviert sowie Kollegen informiert werden. Ein ‚Materialraum‘ und die Anwesenheit der Beratungslehrer in den Pausen stellt sicher, dass die Schüler Zugang zu den Methoden haben und beispielsweise Kopien machen können. Fragen und Sorgen der Eltern werden bei einem begleitenden Elternabend aufgegriffen.

Einsatz, der sich lohnt
„Unser Einsatz ist groß“, sagt Axel Schneider, Direktor der Schule. „Als Schule, die zum Netzwerk ‚Bildung und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen‘ gehört, legen wir auf Gesundheitsförderung und Prävention einen besonderen Wert.“

Damit eine solch aufwendige Maßnahme der Suchtprävention erfolgreich an einer Schule implementiert werden kann, braucht es nach Ansicht der Experten einige Bedingungen:

  • Das Konzept muss mit all seinen Konsequenzen sowohl von der Schulleitung als auch vom Kollegium gewollt sein und nicht nur eine Alibifunktion erfüllen.
  • Es sollte eingebettet sein in ein Gesamtkonzept der Suchtprävention mit Maßnahmen der Verhältnis- und Verhaltensprävention.
  • Das wiederum ist nicht nur Aufgabe der Beratungslehrer, sondern eine Querschnittsaufgabe aller Lehrer der Schule. Daher muss das Thema nicht nur frühzeitig und kontinuierlich, sondern auch fächerübergreifend bearbeitet werden.
  • Um ein Peerkonzept zu planen, umzusetzen und auszuwerten, braucht es Ressourcen – sowohl personeller als auch finanzieller Art.
  • Die Maßnahmen sollten im Schulkonzept aufgenommen werden.

Sind diese Kriterien erfüllt, ist die Umsetzung von Peerprojekten jedoch lohnenswert für alle Beteiligten.

Weitere Informationen:
Fachstelle für Suchtprävention der Suchthilfe Aachen, Yvonne Michel, Hermannstr. 14, 52062 Aachen, Tel.: 0241/41356130, michel@suchthilfe-aachen.de, www.suchthilfe-aachen.de, www.suchthilfe-aachen.de
Viktoriaschule Aachen – Gymnasium der evangelischen Kirche im Rheinland, Andreas Kramer und Heiko Kleinfeld (Beratungslehrer), Warmweiherstr. 4-8, 52066 Aachen, Tel.: 0241/946190, sekretariat@viktoriaschule-aachen.de, www.viktoriaschule-aachen.de