Impuls 11 in Zeiten von Corona

veröffentlicht am 28.05.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Corona-Pandemie war für viele von uns eine harte Bremsung des Alltags – quasi eine gezwungene Entschleunigung. Durch die Lockerungen nach dem Lockdown läuft das berufliche und private Leben nun wieder so langsam an, Termine nehmen zu. Und was schleicht sich damit auch wieder durch die Hintertür an? Stress, Hektik, Ungeduld und das Gefühl, getrieben zu sein.

Kennen Sie das auch?
Das Warten vor der Theke des Bäckers oder der Vordermann in der Kassenschlange, der in aller Seelenruhe sein Kleingeld zusammen kramt, machen mich wahnsinnig: „Geht das nicht schneller?“ Im Lockdown fand ich das alles irgendwie gar nicht schlimm, weil ich Zeit hatte und der Besuch des Supermarktes gefühlt sowie ein Highlight des Tages war. 😉
Aber jetzt mehren sich meine Termine und die mitunter langen Schlangen durch die Einhaltung des Mindestabstands fördern meine Ungeduld wieder. Ein Gefühl, das ich gar nicht mag. Und ich frage mich, ob ich nicht ein bisschen Gelassenheit aus dem Corona-Lockdown in die Jetzt-Zeit rüber retten könnte…

Jetzt wo alles wieder „normaler“ wird, fallen wir schnell in alte Gewohnheitsmuster. Dazu gehört vielleicht auch das Tempo, mit dem wir versuchen, den beruflichen und privaten Alltag zu meistern. Der kanadische Autor Carl Honoré glaubt, dass wir in der westlichen Gesellschaft süchtig nach Geschwindigkeit geworden sind. Zeit wird eher linear gedacht: Wir sehen sie ständig davonfließen und versuchen, immer mehr in weniger Zeit zu erledigen. Dass das nicht klappt, spüren wir „irgendwie“ – aber auch nicht richtig. Und manchmal regt sich der Wunsch, langsamer zu werden und zu lernen, wie dies gelingt. Aber bitteschön schnell soll es gehen, dass Lernen langsamer zu werden. 🙂

Es scheint so, als hätten wir verlernt, die Dinge so zu nehmen wie sie auf uns zukommen und empfinden das, was länger dauert, als Zeitverschwendung.

Was denken Sie?
Fühlt sich die Zeit von Beginn an der Corona-Pandemie und des Lockdowns bis jetzt für Sie wie eine Zeitverschwendung an?

„Wir Menschen sind solche Herdentiere, dass wir uns gegenseitig mit dem Hektik-Virus infiziert haben“, heißt es in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „flow“. Schon wieder ein Virus… Während der Impfstoff und die Medizin für das eine Virus noch etwas auf sich warten lassen, gibt es für das Hektik-Virus schon ein „Rezept“: Achtsamkeit.

Wer Stress hat oder ungeduldig ist und sich dann ärgert, weil er sich hat stressen lassen oder ungeduldig war, verharrt in negativen Denkmustern. Wer sich dagegen neugierig beobachtet, wie sich die Unruhe und Anspannung gerade anfühlen, der durchbricht den Teufelskreis der negativen Gedanken und kommt ins Hier und Jetzt. Und genau das macht die Achtsamkeit aus.

Unter Achtsamkeit versteht man also eine offene und akzeptierende Haltung gegenüber allem, was man gerade wahrnimmt und tut. Dazu gehören Gedanken, Phantasien, Erinnerungen, Gefühle, Sinneserfahrungen, körperliche Reaktionen und äußere Vorgänge. Ziel ist es, sich mit allen Sinnen voll und ganz darauf einzulassen, was man gerade wahrnimmt – unvoreingenommen und neugierig fühlen, schmecken, riechen, staunen und genießen.

Achtsam zu sein hilft uns,

  • die Welt neu zu entdecken und zu schätzen.
  • uns neu zu spüren.
  • unsere Warnsignale rechtzeitig zu erkennen, gut auf uns zu achten, uns wertzuschätzen und damit gesund zu bleiben.
  • den Augenblick mehr zu genießen und zu entspannen.
  • ausgeglichen, gelassener und zufrieden zu sein.

Und deshalb ist es eine gute Nachricht, dass man Achtsamkeit trainieren kann. Doch wenn man sich mal an die erste Übung wagt, merkt man schnell, wie häufig die Gedanken abschweifen und das „Gedankenmurmeln“ beginnt. Nicht schlimm! Dranbleiben ist die Devise und üben, üben, üben.

Es gibt viele Achtsamkeitsübungen in Büchern, Apps und Anleitungen im Internet. Lassen Sie sich inspirieren und probieren sich einfach mal aus.

Weil mir kürzlich eine Kooperationspartnerin erzählte, sie würde sich immer eine Pause gönnen, wenn einer unserer Impulse kommt und mit einer Tasse Kaffee oder Tee diesen lesen, schlage ich Ihnen zum Schluss folgende kleine Achtsamkeitsübung vor… Viel Freude beim Sammeln von achtsamen Erfahrungen im Hier und Jetzt!

Tee-Mediation
Nehmen Sie sich Zeit für ein Heißgetränk – egal ob Tee, Kaffee oder Kakao. Wichtig ist nur, dass Sie sowohl beim Zubereiten als auch beim Trinken gedanklich präsent bleiben und beobachten, welche Sinneseindrücke und Erfahrungen damit einhergehen: Wie fühlt sich die Tasse an? Welche Geräusche entstehen bei der Zubereitung? Wie riecht Ihr Getränk? Wo und wie regt sich vielleicht Vorfreude? Wie schmeckt das Getränk?…

Schweifen Sie ab, bringen Sie sich wieder zu dem Getränk, den Gefühlen und Gedanken, die Sie beim Trinken haben. Konzentrieren Sie sich auf das Gefühl der Dankbarkeit für diesen Moment der Ruhe und des einfachen Seins. Wenn die Tasse leer ist, halten Sie noch einen kurzen Moment inne und machen sich noch einmal bewusst, wie Sie sich fühlen und was im eigenen Geist vor sich geht, bevor Sie die Meditation beenden.

 

Yvonne Michel

Ansprechpartnerin

Yvonne Michel

Einrichtungsleitung, Fachkraft für betriebliche Suchtprävention

Telefon: 0241-41356130

E-Mail: y.michel@caritas-aachen.de

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